Akademie trotz(t) Großbaustelle
Während auf dem Schlossberg Gadebusch in Mecklenburg-Vorpommern kräftig gebaut wird, schwärmt das diesjährige Programm der Akademie für musikalisch-kulturelle Bildung Mecklenburg-Vorpommern im „Zukunftsschloss Gadebusch“ in das Stadtgebiet aus.
Der Schlossberg Gadebusch gleicht einer Großbaustelle: Die Sanierung der Remise, die statische Ertüchtigung des Renaissanceschlosses sowie die energetische Erschließung aller fünf Gebäude des Schlossensembles mit einem Gesamtvolumen von über 10 Mio. Euro finden zurzeit statt. Von Baugerüsten aus werden Dächer freigelegt, Fassaden saniert und wertvolle Renaissance-Terrakottareliefs restauriert. Um neue Versorgungsleitungen auf dem gesamten Schlossberg zu legen, werden zudem auf der einstigen slawischen Burgwallanlage Gräben gezogen. Vor Kurzem ist hierbei eine spätmittelalterliche Heizungsanlage zum Vorschein gekommen. Kurzerhand wurde eine schnelle Lösung gefunden und die Wasserleitung einfach darunter platziert.
Während die Stadt Gadebusch das „Kulturdenkmal nationaler Bedeutung“ schrittweise saniert, treibt die gemeinnützige Organisation kultursegel derweil die Arbeit der Akademie für musikalisch-kulturelle Bildung Mecklenburg-Vorpommern im „Zukunftsschloss Gadebusch“ voran. Das kultursegel-Team geht dabei – ähnlich wie die Bauarbeiter mit dem archäologischen Befund und der Wasserleitung – pragmatisch vor. Sie haben kurzerhand auf andere Orte in der Stadt umgesattelt und bringen diese zum Klingen.
Bevor dies geschah, konnte als letzter Gast das Präsidium der Jeunesses Musicales Deutschland im April noch auf dem Schlossberg vor Anker gehen. Im Rahmen dessen gab es einen Austausch zwischen der Stadtpolitik, der Amtsverwaltung, dem Schlossverein, kultursegel und den Präsidiumsmitgliedern. Am Beispiel der Entwicklung der Musikakademie Schloss Weikersheim gab es wertvolle Impulse für den weiteren Aufbau in Gadebusch. Gefolgt wurde dieser Besuch durch den Landesjugendchor Mecklenburg-Vorpommern, der dieses Mal im Alten Schützenhaus proben konnte, in einem Hotel übernachtete und ein Konzert in der sehr gut besuchten Stadtkirche gab.
Der Höhepunkt der Akademiearbeit wurde in den Sommerferien erreicht: Beim vierten Gadebuscher Musikcamp von kultursegel in der Grundschule und der Museumsanlage nahmen knapp 30 Kinder im Alter von neun bis 13 Jahren aus Gadebusch und der Region teil. Sie erarbeiteten zum Thema „Wenn Träume Wirklichkeit werden“ eigene Liedtexte zu einem extra komponierten Song, bauten Klangkisten und wuchsen als Gruppe zusammen. Bei einer Abschlussaufführung und einem gemeinsamen Büffet mit den Eltern und Freunden wurde die Woche zusammen abgerundet.
Zeitlich parallel zum Musikcamp hatte die junge norddeutsche philharmonie ihre Zelte in der Regionalen Schule aufgeschlagen. Bereits zum dritten Mal kam das Orchester mit jungen Musiker:innen aus ganz Deutschland in Gadebusch zusammen, um ihr Sommerprojekt zu gestalten. Um die Atmosphäre der letzten beiden Jahre auf dem Schlossberg in die Regionale Schule zu überführen, wurden Segel, Hängematten und Lichterketten einfach auf dem Schulcampus aufgehangen und aus der ganzen Stadt wurden Sofas und Teppiche organisiert. In Probenbesuchen durften die Teilnehmenden des Musikcamps sowie auch über 100 Kita-Kinder einen bleibenden Eindruck vom großen Orchester in der kleinen Stadt bekommen. Und auch über 100 neugierige Gadebuscher:innen aller Generationen konnten bei einer offenen Generalprobe in der großen Turnhalle der Regionalen Schule u.a. den Klängen von Schostakowitschs eindrucksvoller fünfter Symphonie lauschen, bevor anschließend die Freiwillige Feuerwehr Gadebusch zum Grillen einlud. Zuvor hatten die Musiker:innen bereits Spontankonzerte im Supermarkt, im Baumarkt, im Pflegeheim sowie an Badeseen der Region gegeben.
Anschließend übernahmen mit dem Landesjugendjazzorchester die talentiertesten Nachwuchsjazzer:innen aus Mecklenburg-Vorpommern im Alter von 14-26 Jahren das Ruder. Unter der Leitung von Michael Leuschner und erfahrenen Dozierenden wurde in der Grundschule sowie der Museumsanlage das musikalische Zusammenspiel in einem Jazzorchester sowie Grundlagen der Improvisation vermittelt. Dieses Jahr arbeitete der Hamburger Saxofonist Gabriel Coburger als Solist gemeinsam mit der Bigband. Ein abschließendes Konzert auf dem komplett gefüllten Museumshof Gadebusch wurde umjubelt aufgenommen.
Nunmehr richten sich alle Blicke auf das zweite „zusch festival“ vom 11.-13. Oktober, bei dem nicht nur die Kinder des Gadebuscher Musikcamps wieder ihren Song musizieren werden, sondern auch Jazz-Einsteiger:innen und -Fortgeschrittene zu einem Impro-Workshop eingeladen sind. Darüber hinaus wird es bei einem gemeinsamen Mitmach-Konzert auf dem Museumshof darum gehen, Musizierende aus der gesamten ländlichen Region in und um Gadebusch – egal ob Laie oder Profi, jung oder alt, klein oder groß – auf die Bühne zu holen.
Auf Grund von diesen und anderen vielfältigen musikalischen Projekten wurde Gadebusch als eine von elf Kommunen in Deutschland vom Deutschen Musikrat als „Landmusikort des Jahres 2024“ ausgezeichnet. Damit würdigt der Musikrat das vielfältige musikalische Leben in der Münzstadt sowie auch das große Engagement für die Entwicklung der Akademie für musikalisch-kulturellen Bildung im „Zukunftsschloss Gadebusch".